Friedenspädagogik ist
Gesellschaftskritik und Gesellschaftsveränderung ...

https://wernerwintersteiner.at/wp-content/uploads/2024/01/Rechtfertigung-oder-Kritik-der-Gewalt.pdf

… auf dem Feld der Bildung und Erziehung mit dem Ziel des Abbaus der Gewalt. Sie ist ein Beitrag zur Emanzipation von Individuen und Gruppen aus Gewaltverhältnissen. Sie befähigt Menschen, Gewaltverhältnisse zu erkennen, zu analysieren, und an ihrem Abbau zu arbeiten sowie Alternativen ins Auge zu fassen und sie schrittweise zu realisieren. Friedenspädagogik ist sinnvoll und realistisch als Teil einer friedenspolitischen und friedenskulturellen Gesamtstrategie – als Erziehung für eine Kultur des Friedens. Es geht aber nicht darum, der bestehenden Bildung und Erziehung auch eine friedenspädagogische Komponente hinzuzufügen, sondern darum, Bildung und Erziehung so umzugestalten, dass sie nicht länger Element einer Kultur des Krieges und der Gewalt sind, sondern dem Frieden dienen.

Friedenspädagogik ist somit nicht nur ein wichtiges pädagogisches Arbeitsgebiet, sondern auch eine eigene Teildisziplin – eine Tatsache, die spätestens seit Zeiten der „Kritischen Friedenserziehung“ in den 1960er Jahren Allgemeingut wurde. Sie hat einen wichtigen Platz in der Berufsvereinigung der Friedensforschung, IPRA, inne. Dennoch gibt es bei uns im gesamten deutschen Sprachraum zwar etliche Lehrstühle zur Friedensforschung, aber keinen einzigen zur Friedenspädagogik. Doch es braucht eine transdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb der multidisziplinären Friedensforschung, um ihre Ziele – eine Forschung für den Frieden, nicht bloß über Frieden – zu erreichen. 

Friedenspädagogik hat viele Arbeitsfelder, die sich auch mit anderen politischen Pädagogiken überlappen, z.B. auch mit Global Citizenship Education, das hier aus Gründen der Übersichtlichkeit getrennt dargestellt wird.

Aktivitäten

Meine friedenspädagogische Arbeit hat sich seit den frühen 1980er Jahren schrittweise in verschiedenen Feldern und in Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen entfaltet und vor allem seit meinem Wechsel an die Universität Klagenfurt 1987 auch professionalisiert (friedenspädagogische Dissertation Pädagogik des Anderen). 

Einige wichtige Arbeitsfelder sollen hier hervorgehoben werden, sie sind alle vernetzt mit meinen Tätigkeiten in den anderen Feldern wie Friedenspolitik, Alpen-Adria oder auch Deutschdidaktik.

Lehrer*innenaus- und -fortbildung

Das war (und ist tw. noch) ein wesentliches Standbein: Seminare für Lehrkräfte in Österreich, Deutschland, aber auch Schweiz, Italien oder Luxemburg; für Lehramtsstudierende v.a. im Rahmen der Deutschdidaktik; der EURED Lehrgang (s.u.) für ganz Europa; friedenspädagogische Enquêten im Rahmen des ZFF (Zentrum für Friedensforschung und Friedensbildung der Universität Klagenfurt) u.v.a.m.

Alpen-Adria Friedensnetzwerk

Diese lose Kooperation von Friedensgruppen aus Italien, Slowenien, Österreich und schließlich auch aus Kroatien bildete den Rahmen für grenzübergreifende gemeinsame Seminare zur Friedenspädagogik für Lehrkräfte aus Österreich, Italien, Slowenien und Kroatien (1988, 1991, 1992, 1993), wodurch  eine neue transnationale Perspektive eingebracht wurde; dokumentiert in dem Buch Das neue Europa wächst von unten (siehe Publikationen); Mitarbeit am Aufbau der „Friedensschule” in Gorski kotar in Kroatien ab 1993 (siehe dazu: https://www.friedenskooperative.de/friedensforum/artikel/ein-alter-mann-als-friedensstifter bzw. das Arbeitsfeld Alpen-Adria).

Alpen-Adria Alternativ und Europäische Jugendakademie

Der von Doris Pollet-Kammerlander und mir gegründete Verein „Alpen-Adria-Alternativ. Verein für Frieden, Menschenrechte und interkulturelle Zusammenarbeit” (Graz und Villach, 1990-2000) führte v.a. am Standort Villach zum interkulturellen Lernen und zur Friedenserziehung durch, insbesondere die „Europäische Jugendakademie” (1993-2001), ein Kooperationsprojekts von Schulen aus Ost- und Westeuropa. Die Arbeit der einzelnen Durchgänge und Projekte ist in mehreren Heften der Zeitschrift alpe-adria dokumentiert. Eine Gesamtdarstellung findet sich im Buch Erziehung zur interkulturellen Verständigung. Das Handbuch der „Europäischen Jugendakademie“ (s.u. Publikationen). Eine weitere wichtige Aktivität war die v.a. von Bettina Gruber geleitete theoretische und praktische Arbeit zur  Kommunalen Politischen Jugendbeteiligung, die als ein Resultat auch die Gründung eines Jugendgemeinderats in Villach hatte (1996/1997).

ÖSFK Stadtschlaining 

Das österreichische Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (heute Austrian Centre for Peace ACP) in Stadtschlaining war seit seiner Gründung ein Ort und ein Partner für friedenspädagogische Arbeit. Ich hatte in dreifacher Weise Gelegenheit an einer Beteiligung:

  • Als Referent und Organisator friedenspädagogischer Veranstaltungen in Stadtschlaining
  • Als Co-Herausgeber (gemeinsam mit Arno Truger) der Publikationsreihe „Friedenserziehung konkret. Schulpraktische Handreichungen zur Friedenserziehung“ (1993-1999) https://www.aspr.ac.at/top-navigation/publikationen/publikationen-bis-2014/friedendenspaedagogik#/
  • Als Lektor/Gastprofessor an der in Schlaining ansässig gewesenen „European Peace University“ (epu) zu den Themen Peace Education und Culture of Peace.

EURED

Mit Unterstützung der beiden Klagenfurter Pädagogik-Professoren Dietmar Larcher und Peter Gstettner gelang es, das internationale Forschungsprojekt „EURED – European Education as Peace Education“ ( 2000-2003), dessen wissenschaftliche Leitung ich innehatte, an der Universität Klagenfurt anzusiedeln. Ein Ergebnis war das Buch Peace Education in Europe (siehe Publikationen, https://www.waxmann.com/, Inhaltsverzeichnis: http://d-nb.info/96792667X/04).

Ein Nachfolgeprojekt war der ebenfalls in Klagenfurt angesiedelte Universitätslehrgang “Human Rights and Peace Education in Europe” (2004-2006), der von der UNESCO offiziell anerkannt war. Siehe: 

The UNESCO / EURED course – overview:

http://www.noos.ch/ideo/asepaix/3_English/BROSCHURE_EURED2007.pdf

The EURED Teacher Training Programme’s Peace Education: An Overview. 

https://www.pedocs.de/volltexte/2013/6080/pdf/ZEP_2_2007_Wintersteiner_EURED_Professionelle_Friedenspaedagogik.pdf 

Zentrum für Friedensforschung und Friedenspädagogik (heute: Friedensbildung) 

Mit der Gründung des Zentrums an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt und der Anstellung von Wissenschaftler*innen wurde erstmal in Österreich die Möglichkeit für längerfristige und systematische Friedenspädagogik geschaffen. Zahlreiche Projekte bezeugen dies und auch meine eigene Forschungs- und Publikationstätigkeit ist seither stark gestiegen (siehe Publikationsliste). Auch die Installierung des Universitätslehrgangs Global Citizenship Education (siehe diesen Arbeitsbereich) war erst durch die Etablierung des Zentrums möglich. (https://www.aau.at/erziehungswissenschaft-und-bildungsforschung/arbeitsbereiche/friedensforschung-und-friedensbildung/)

Im Rahmen des ZFF kam es auch zu einer stärkeren Verschränkung von Friedenspädagogik und Politischer Bildung. In den Jahren 2006 bis 2010 war das ZFF eine der Trägerinstitutionen des Universitätslehrganges Politische Bildung, der in Kooperation mit der Donau Universität Krems abgehalten wurde, wobei das ZFF erstmals einen friedenspolitischen und –pädagogischen Schwerpunkt einbrachte. 

Meine inhaltlichen Schwerpunkte im Bereich Friedenspädagogik: 

  • Philosophie und Konzepte der Friedenspädagogik
  • Verbindung von Friedenspädagogik zu verwandten Feldern wie Politische Bildung, Global Citizenship Education und Interkulturellem Lernen 
  • Friedenspädagogik und Erinnerungskultur, v.a. im Alpen-Adria-Raum
  • Friedenspädagogik und Literatur
  • Geschichte der Friedenspädagogik

Internationale Netzwerke

Gerade bei einer institutionell so relativ schwach verankerten Disziplin wie Friedenspädagogik ist die internationale Vernetzung ein ganz wesentlicher Faktor für die Entwicklung. Besonders wichtig waren bzw. sind für mich dabei:

  • Deutsche Friedenspädagogische Netzwerke 

„PädagogInnen für den Frieden“ in den 1980er bis 2000er Jahren; Institut für Friedenserziehung Tübingen, danach der Arbeitskreis Friedenspädagogik der AFK  (https://afk-web.de/cms/arbeitskreise-der-afk/arbeitskreis-friedenspaedagogik/) und das norddeutsche Netzwerk Friedenspädagogik (https://netzwerk-friedenspädagogik.de/

  • Hague Appeal for Peace Global Campaign for Peace Education

Dieses Netzwerk, von Betty Reardon und Cora Weiss auf der Haguer Friedenskonferenz 1999 ins Leben gerufen, hat in einer ersten Phase eine kleine Gruppe von Friedenspädagog*innen aus allen Kontinenten zu Beratungen, Veranstaltungen und Projekten zusammengeführt (Überblick über diese erste Phase: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17400201.2013.790250). Inzwischen ist das Netzwerk stark gewachsen, unterhält eine äußerst vielseitige und informative Website (https://www.peace-ed-campaign.org/) und organisiert auch die jährlichen Seminare des International Institute for Peace Education/IIPE (https://www.i-i-p-e.org).

  • PEC der IPRA

Die Peace Education Commission (PEC) der International Peace Research Association (IPRA) ist das wichtigste internationale Austauschforum für Friedenspädagogik, besonders bei den alle zwei Jahre stattfindenden Kongressen. (http://74.127.11.112/SkyIsland/peacesig/PEC/)

Die PEC hat auch die Zeitschrift Journal of Peace Education (JPE) gegründet, ich war  Mitglied der ad-hoc Komitees zur Vorbereitung des JPE (erste Nummer 2004). https://www.tandfonline.com/journals/cjpe20


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